Hiob 23 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Hiob antwortete und sprach: 2 Auch heute lehnt sich meine Klage auf; seine Hand drückt schwer, dass ich seufzen muss. 3 Ach dass ich wüsste, wie ich ihn finden und zu seinem Thron kommen könnte! 4 So würde ich ihm das Recht darlegen und meinen Mund mit Beweisen füllen 5 und erfahren die Reden, die er mir antworten, und vernehmen, was er mir sagen würde. 6 Würde er mit großer Macht mit mir rechten? Nein, er selbst würde Acht haben auf mich. 7 Dann würde ein Redlicher mit ihm rechten, und für immer würde ich entrinnen meinem Richter! 8 Aber gehe ich nun vorwärts, so ist er nicht da; gehe ich zurück, so spüre ich ihn nicht. 9 Ist er zur Linken, so schaue ich ihn nicht; verbirgt er sich zur Rechten, so sehe ich ihn nicht. 10 Er aber kennt meinen Weg gut. Er prüfe mich, so will ich erfunden werden wie das Gold. 11 Denn ich hielt meinen Fuß auf seiner Bahn und bewahrte seinen Weg und wich nicht ab 12 und übertrat nicht das Gebot seiner Lippen und bewahrte die Reden seines Mundes bei mir. 13 Doch er ist der Eine – wer will ihm wehren? Und er macht’s, wie er will. 14 Ja, er wird vollenden, was mir bestimmt ist, und hat noch mehr derart im Sinn. 15 Darum erschrecke ich vor seinem Angesicht, und wenn ich darüber nachdenke, so fürchte ich mich vor ihm. 16 Gott ist’s, der mein Herz mutlos gemacht, und der Allmächtige, der mich erschreckt hat; 17 denn nicht der Finsternis wegen muss ich schweigen, und nicht, weil Dunkel mein Angesicht deckt.
Hiob 24 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Warum sind von dem Allmächtigen nicht Zeiten vorbehalten, und warum sehen, die ihn kennen, seine Tage nicht? 2 Die Gottlosen verrücken die Grenzen, rauben die Herde und weiden sie. 3 Sie treiben den Esel der Waisen weg und nehmen das Rind der Witwe zum Pfande. 4 Sie stoßen die Armen vom Wege, und die Elenden im Lande müssen sich verkriechen. 5 Siehe, sie sind wie Wildesel: In der Wüste gehen sie an ihr Werk und suchen Nahrung in der Einöde als Speise für ihre Kinder. 6 Sie ernten des Nachts auf dem Acker und halten Nachlese im Weinberg des Gottlosen. 7 Sie liegen in der Nacht nackt ohne Gewand und haben keine Decke im Frost. 8 Sie triefen vom Regen in den Bergen; sie müssen sich an die Felsen drücken, weil sie sonst keine Zuflucht haben. 9 Man reißt das Waisenkind von der Mutterbrust und nimmt den Säugling der Armen zum Pfande. 10 Nackt gehen sie einher ohne Kleider, und hungrig tragen sie Garben. 11 Gleich in den Gärten pressen sie Öl, sie treten die Kelter und leiden doch Durst. 12 Fern der Stadt seufzen Sterbende, und die Seele der Säuglinge schreit. Doch Gott achtet nicht darauf! 13 Sie sind Feinde des Lichts geworden, kennen Gottes Weg nicht und bleiben nicht auf seinen Pfaden. 14 Wenn der Tag anbricht, steht der Mörder auf und erwürgt den Elenden und Armen, und des Nachts schleicht der Dieb. 15 Das Auge des Ehebrechers lauert auf das Dunkel, und er denkt: »Mich sieht kein Auge!«, und verdeckt sein Antlitz. 16 Im Finstern bricht man in die Häuser ein; am Tage verbergen sie sich und scheuen alle das Licht. 17 Ja, als Morgen gilt ihnen allen die Finsternis, denn sie sind bekannt mit den Schrecken der Finsternis. 18 Er fährt leicht wie auf dem Wasser dahin, verflucht wird sein Acker im Lande, und man wendet sich seinem Weinberg nicht zu. 19 Der Tod nimmt weg die da sündigen, wie die Hitze und Dürre das Schneewasser verzehrt. 20 Der Mutterschoß vergisst ihn; die Würmer laben sich an ihm. An ihn denkt man nicht mehr; so zerbricht Frevel wie Holz. 21 Er hat bedrückt die Unfruchtbare, die nicht gebar, und hat der Witwe nichts Gutes getan. 22 Gott rafft die Gewalttätigen hin durch seine Kraft; steht er auf, so müssen sie am Leben verzweifeln. 23 Er gibt ihnen, dass sie sicher sind und eine Stütze haben, doch seine Augen wachen über ihren Wegen. 24 Sie sind hoch erhöht; aber nach einer kleinen Weile sind sie nicht mehr da; sie sinken hin und werden hinweggerafft wie alle; wie die Spitzen der Ähren werden sie abgeschnitten. 25 Ist’s nicht so? Wer will mich Lügen strafen und erweisen, dass meine Rede nichts sei?