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Hiob 42:1-6 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Und Hiob antwortete dem HERRN und sprach: 2 Ich erkenne, dass du alles vermagst, und nichts, das du dir vorgenommen, ist dir zu schwer. 3 »Wer ist der, der den Ratschluss verhüllt mit Worten ohne Verstand?« Darum hab ich unweise geredet, was mir zu hoch ist und ich nicht verstehe. 4 »So höre nun, lass mich reden; ich will dich fragen, lehre mich!« 5 Ich hatte von dir nur vom Hörensagen vernommen; aber nun hat mein Auge dich gesehen. 6 Darum spreche ich mich schuldig und tue Buße in Staub und Asche.

Hiob 36 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Elihu hob noch einmal an und sprach: 2 Warte noch ein wenig, ich will dich lehren; denn ich habe noch etwas für Gott zu sagen. 3 Ich will mein Wissen weit herholen und meinem Schöpfer Recht verschaffen. 4 Meine Reden sind wahrlich nicht falsch; vor dir steht einer, der es wirklich weiß. 5 Siehe, Gott ist mächtig und verwirft niemand; er ist mächtig an Kraft des Herzens. 6 Den Gottlosen erhält er nicht am Leben, sondern hilft dem Elenden zum Recht. 7 Er wendet seine Augen nicht von dem Gerechten, sondern mit Königen auf dem Thron lässt er sie sitzen immerdar, dass sie groß werden. 8 Und wenn sie gefangen liegen in Ketten und elend, gebunden mit Stricken, 9 so hält er ihnen vor, was sie getan haben, und ihre Sünden, dass sie sich überhoben haben, 10 und öffnet ihnen das Ohr zur Warnung und sagt ihnen, dass sie sich von dem Unrecht bekehren sollen. 11 Gehorchen sie und dienen ihm, so werden sie bei guten Tagen alt werden und glücklich leben. 12 Gehorchen sie nicht, so werden sie dahinfahren durch des Todes Geschoss und vergehen in Unverstand. 13 Die Ruchlosen verhärten sich im Zorn. Sie flehen nicht, auch wenn er sie gefangen legt; 14 so wird ihre Seele in der Jugend sterben und ihr Leben unter den Hurern im Tempel. 15 Aber den Elenden wird er durch sein Elend erretten und ihm das Ohr öffnen durch Trübsal. 16 So reißt er auch dich aus dem Rachen der Angst in einen weiten Raum, wo keine Bedrängnis mehr ist; und an deinem Tische, voll von allem Guten, wirst du Ruhe haben. 17 Wenn du aber richtest wie ein Gottloser, so halten dich Gericht und Recht fest. 18 Sieh zu, dass nicht dein Zorn dich verlockt oder die Menge des Lösegeldes dich verleitet. 19 Wird dein Geschrei dich aus der Not bringen oder alle kräftigen Anstrengungen? 20 Sehne dich nicht nach der Nacht, die Völker wegnimmt von ihrer Stätte! 21 Hüte dich und kehre dich nicht zum Unrecht, denn Unrecht wählst du lieber als Elend! 22 Siehe, Gott ist groß in seiner Kraft; wo ist ein Lehrer, wie er ist? 23 Wer will ihm weisen seinen Weg, und wer will zu ihm sagen: »Du tust Unrecht«? 24 Denk daran, dass du sein Werk preisest, von dem die Menschen singen. 25 Denn alle Menschen schauen danach aus, aber sie sehen’s nur von ferne. 26 Siehe, Gott ist groß und unbegreiflich; die Zahl seiner Jahre kann niemand erforschen. 27 Er zieht empor die Wassertropfen und treibt seine Wolken zusammen zum Regen, 28 dass die Wolken überfließen und Regen senden auf die Menge der Menschen. 29 Wer versteht, wie er die Wolken türmt und donnern lässt aus seinem Gezelt? 30 Siehe, er breitet sein Licht um sich und bedeckt alle Tiefen des Meeres. 31 Denn damit regiert er die Völker und gibt Speise die Fülle. 32 Er bedeckt seine Hände mit Blitzen und bietet sie auf gegen den, der ihn angreift. 33 Ihn kündet an sein Donnern, wenn er mit Zorn eifert gegen den Frevel.

Hiob 37 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Darüber entsetzt sich mein Herz und fährt bebend hoch. 2 O hört doch, wie sein Donner rollt und was für Gedröhn aus seinem Munde geht! 3 Er lässt ihn hinfahren unter dem ganzen Himmel und seinen Blitz über die Enden der Erde. 4 Ihm nach brüllt der Donner, und er donnert mit seinem großen Schall; und wenn sein Donner gehört wird, hält er die Blitze nicht zurück. 5 Gott donnert mit seinem Donner wunderbar und tut große Dinge, die wir nicht begreifen. 6 Er spricht zum Schnee: »Falle zur Erde!«, und zum Platzregen, so ist der Platzregen da mit Macht. 7 So legt er alle Menschen unter Siegel, dass die Leute erkennen, was er tun kann. 8 Die wilden Tiere gehen in die Höhle und legen sich auf ihr Lager. 9 Aus seinen Kammern kommt der Sturm und von Norden her die Kälte. 10 Vom Odem Gottes kommt Eis, und die weiten Wasser liegen erstarrt. 11 Die Wolken beschwert er mit Wasser, und aus der Wolke bricht sein Blitz. 12 Er kehrt die Wolken, wohin er will, dass sie alles tun, was er ihnen gebietet auf dem Erdkreis: 13 Zur Züchtigung für ein Land oder zum Segen lässt er sie kommen. 14 Das vernimm, Hiob, steh still und merke auf die Wunder Gottes! 15 Weißt du, wie Gott ihnen Weisung gibt und wie er das Licht aus seinen Wolken hervorbrechen lässt? 16 Weißt du, wie die Wolken schweben, die Wunder des Allwissenden? 17 Du, dem schon die Kleider heiß werden, wenn das Land still liegt unterm Südwind, 18 kannst du gleich ihm die Wolkendecke ausbreiten, die fest ist wie ein gegossener Spiegel? 19 Zeige uns, was wir ihm sagen sollen; denn wir können nichts vorbringen vor Finsternis. 20 Wenn jemand redet, muss es ihm gesagt werden? Hat je ein Mensch gesagt, er wolle vernichtet werden? 21 Eben sah man das Licht nicht, das hinter den Wolken hell leuchtet; als aber der Wind daherfuhr, da wurde es klar. 22 Von Norden kommt goldener Schein; um Gott her ist schrecklicher Glanz. 23 Den Allmächtigen erreichen wir nicht, der so groß ist an Kraft und reich an Gerechtigkeit. Das Recht beugt er nicht. 24 Darum sollen ihn die Menschen fürchten, und er sieht keinen an, wie weise sie auch sind.

Hiob 35 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Und Elihu hob an und sprach: 2 Hältst du das für recht, nennst du das »meine Gerechtigkeit vor Gott«, 3 dass du sprichst: »Was nützt sie mir? Was habe ich davon, dass ich nicht sündige?« 4 Ich will dir antworten ein Wort und deinen Freunden mit dir. 5 Schau gen Himmel und sieh; und schau die Wolken an hoch über dir! 6 Sündigst du, was kannst du ihm schaden? Und wenn deine Missetaten viel sind, was kannst du ihm tun? 7 Und wenn du gerecht wärst, was kannst du ihm geben, oder was wird er von deinen Händen nehmen? 8 Nur einem Menschen wie dir kann deine Bosheit etwas tun und einem Menschenkind deine Gerechtigkeit. 9 Man schreit, dass viel Gewalt geschieht, und ruft um Hilfe vor dem Arm der Großen; 10 aber man fragt nicht: »Wo ist Gott, mein Schöpfer, der Lobgesänge gibt in der Nacht, 11 der uns klüger macht als die Tiere auf Erden und weiser als die Vögel unter dem Himmel?« 12 Da schreien sie über den Hochmut der Bösen, doch er erhört sie nicht. 13 Denn Gott wird Nichtiges nicht erhören, und der Allmächtige wird es nicht ansehen. 14 Nun gar, wenn du sprichst, du könntest ihn nicht sehen – der Rechtsstreit liegt ihm vor, harre nur seiner! 15 Aber nun, da sein Zorn nicht heimsucht und er sich um Frevel nicht viel kümmert, 16 sperrt Hiob seinen Mund auf um nichts und hält stolze Reden mit Unverstand.

Hiob 34 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Und Elihu hob an und sprach: 2 Höret, ihr Weisen, meine Rede, und ihr Verständigen, merkt auf mich! 3 Denn das Ohr prüft die Rede, wie der Gaumen die Speise schmeckt. 4 Lasst uns ein Urteil finden, dass wir miteinander erkennen, was gut ist. 5 Denn Hiob hat gesagt: »Ich bin gerecht, doch Gott verweigert mir mein Recht; 6 ich soll lügen, obwohl ich Recht habe, und mich quält der Pfeil, der mich traf, obwohl ich doch ohne Schuld bin.« 7 Wo ist so ein Mann wie Hiob, der Hohn trinkt wie Wasser 8 und auf dem Wege geht mit den Übeltätern und wandelt mit den gottlosen Leuten? 9 Denn er hat gesagt: »Es nützt dem Menschen nichts, wenn er Gottes Wohlgefallen sucht.« 10 Darum hört mir zu, ihr weisen Männer: Es sei ferne, dass Gott sollte gottlos handeln und der Allmächtige ungerecht; 11 sondern er vergilt dem Menschen, wie er verdient hat, und trifft einen jeden nach seinem Tun. 12 Ohne Zweifel, Gott tut niemals Unrecht, und der Allmächtige beugt das Recht nicht. 13 Wer hat ihm die Erde anvertraut? Und wer hat den ganzen Erdkreis hingestellt? 14 Wenn er nur an sich dächte, seinen Geist und Odem an sich zöge, 15 so würde alles Fleisch miteinander vergehen, und der Mensch würde wieder zu Staub werden. 16 Hast du nun Verstand, so höre das und merke auf die Stimme meiner Reden! 17 Kann denn regieren, wer das Recht hasst? Oder willst du den verdammen, der gerecht und allmächtig ist, 18 der zum König sagt: »Du heilloser Mann«, und zu den Fürsten: »Ihr Gottlosen«, 19 der nicht ansieht die Person der Fürsten und achtet den Vornehmen nicht mehr als den Armen? Denn sie sind alle seiner Hände Werk. 20 Plötzlich müssen die Leute sterben und zu Mitternacht erschrecken und vergehen; die Mächtigen werden weggenommen ohne Menschenhand. 21 Denn seine Augen sehen auf eines jeden Weg, und er schaut auf alle ihre Schritte. 22 Es gibt keine Finsternis und kein Dunkel, wo sich verbergen könnten die Übeltäter. 23 Denn es wird niemand gesagt, wann er vor Gott zum Gericht erscheinen muss. 24 Er bringt die Stolzen um, ohne sie erst zu verhören, und stellt andere an ihre Stelle; 25 denn er kennt ihre Werke und er stürzt sie des Nachts, dass sie zerschlagen werden. 26 Er urteilt sie ab wie die Gottlosen an einem Ort, wo viele es sehen, 27 weil sie von ihm gewichen sind und verstanden keinen seiner Wege, 28 sodass das Schreien der Armen vor ihn kommen musste und er das Schreien der Elenden hörte. 29 – Wenn er sich aber ruhig hält, wer will ihn verdammen? Und wenn er das Antlitz verbirgt, wer kann ihn schauen unter allen Völkern und Leuten? – 30 So lässt er denn nicht einen Gottlosen regieren, der ein Fallstrick ist für das Volk. 31 Wenn einer zu Gott sagt: »Ich hab’s getragen, ich will kein Unrecht mehr tun; 32 was ich nicht sehe, das lehre du mich; hab ich unrecht gehandelt, ich will’s nicht mehr tun«, 33 soll er dann nach deinem Sinn vergelten, weil du ja widerrufen hast? Denn du hast zu wählen und nicht ich, und was du erkannt, sage an! 34 Verständige Leute werden zu mir sagen und ein weiser Mann, der mir zuhört: 35 »Hiob redet mit Unverstand, und seine Worte sind nicht klug.« 36 Oh, Hiob sollte bis zum Äußersten geprüft werden, weil er Antworten gibt wie freche Sünder. 37 Denn zu seiner Sünde fügt er noch Frevel hinzu. Er treibt Spott unter uns und macht viele Worte wider Gott.

Hiob 32 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Da hörten die drei Männer auf, Hiob zu antworten, weil er sich für gerecht hielt. 2 Aber Elihu, der Sohn Barachels des Busiters, aus dem Geschlecht Ram, ward zornig. Er ward zornig über Hiob, weil er sich selber für gerechter hielt als Gott. 3 Auch ward er zornig über seine drei Freunde, weil sie keine Antwort fanden und doch Hiob verdammten. 4 Elihu aber hatte gewartet, bis sie mit Hiob geredet hatten, weil sie älter waren als er. 5 Als Elihu nun sah, dass keine Antwort war im Munde der drei Männer, ward er zornig. 6 Und Elihu, der Sohn Barachels des Busiters, hob an und sprach: Ich bin jung an Jahren, ihr aber seid alt; darum hab ich mich gescheut und gefürchtet, mein Wissen euch kundzutun. 7 Ich dachte: Lass das Alter reden, und die Menge der Jahre lass Weisheit beweisen. 8 Aber der Geist ist es in den Menschen und der Odem des Allmächtigen, der sie verständig macht. 9 Die Betagten sind nicht die Weisesten, und die Alten verstehen nicht, was das Rechte ist. 10 Darum sage ich: Hört mir zu; auch ich will mein Wissen kundtun. 11 Siehe, ich habe gewartet, bis ihr geredet hattet; ich habe aufgemerkt auf eure Einsicht, bis ihr die rechten Worte treffen würdet, 12 und habe Acht gehabt auf euch; aber siehe, da war keiner unter euch, der Hiob zurechtwies oder seiner Rede antwortete. 13 Sagt nur nicht: »Wir haben Weisheit gefunden; Gott muss ihn schlagen und nicht ein Mensch.« 14 Mich haben seine Worte nicht getroffen, und mit euren Reden will ich ihm nicht antworten. 15 Ach! Betroffen stehen sie da und können nicht mehr antworten; sie wissen nichts mehr zu sagen. 16 Und da soll ich warten, weil sie nicht mehr reden, weil sie dastehen und nicht mehr antworten? 17 Auch ich will mein Teil antworten und will mein Wissen kundtun! 18 Denn ich bin voll von Worten, weil mich der Geist in meinem Inneren bedrängt. 19 Siehe, mein Inneres ist wie der Most, den man nicht herauslässt und der die neuen Schläuche zerreißt. 20 Ich muss reden, dass ich mir Luft mache, ich muss meine Lippen auftun und antworten. 21 Vor mir soll kein Ansehen der Person gelten, und ich will keinem Menschen schmeicheln. 22 Denn ich weiß nicht zu schmeicheln; sonst würde mich mein Schöpfer bald dahinraffen.

Hiob 33 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Höre doch, Hiob, meine Rede und merke auf alle meine Worte! 2 Siehe, ich tue meinen Mund auf, und meine Zunge redet in meinem Munde. 3 Mein Herz spricht aufrichtige Worte, und meine Lippen reden lautere Erkenntnis. 4 Der Geist Gottes hat mich gemacht, und der Odem des Allmächtigen hat mir das Leben gegeben. 5 Kannst du, so antworte mir; rüste dich gegen mich und stelle dich. 6 Siehe, vor Gott bin ich wie du, und aus Erde bin auch ich gemacht. 7 Siehe, du brauchst vor mir nicht zu erschrecken, und mein Drängen soll nicht auf dir lasten. 8 Du hast geredet vor meinen Ohren, den Ton deiner Reden höre ich noch: 9 »Ich bin rein, ohne Missetat, unschuldig und habe keine Sünde. 10 Siehe, Gott erfindet Vorwürfe wider mich, er betrachtet mich als seinen Feind; 11 er hat meine Füße in den Block gelegt und hat Acht auf alle meine Wege.« 12 Siehe, darin hast du nicht Recht, muss ich dir antworten; denn Gott ist mehr als ein Mensch. 13 Warum willst du mit ihm hadern, weil er auf Menschenworte nicht Antwort gibt? 14 Denn auf eine Weise redet Gott und auf eine zweite; nur beachtet man’s nicht. 15 Im Traum, im Nachtgesicht, wenn der Schlaf auf die Menschen fällt, wenn sie schlafen auf dem Bett, 16 da öffnet er das Ohr der Menschen und schreckt sie auf und warnt sie, 17 damit er den Menschen von seinem Vorhaben abwende und von ihm die Hoffart tilge 18 und bewahre seine Seele vor dem Verderben und sein Leben vor des Todes Geschoss. 19 Auch warnt er ihn durch Schmerzen auf seinem Bett und durch heftigen Kampf in seinen Gliedern 20 und richtet ihm sein Leben so zu, dass ihm vor der Speise ekelt, und seine Seele, dass sie nicht Lust hat zu essen. 21 Sein Fleisch schwindet dahin, dass man’s nicht ansehen kann, und seine Knochen stehen heraus, dass man lieber wegsieht; 22 so nähert er sich der Grube und sein Leben den Toten. 23 Kommt dann zu ihm ein Engel, ein Mittler, einer aus tausend, kundzutun dem Menschen, was für ihn recht ist, 24 so wird er ihm gnädig sein und sagen: »Erlöse ihn, dass er nicht hinunterfahre zu den Toten; denn ich habe ein Lösegeld gefunden. 25 Sein Fleisch blühe wieder wie in der Jugend, und er soll wieder jung werden.« 26 Er wird Gott bitten und der wird ihm Gnade erweisen und wird ihn sein Antlitz sehen lassen mit Freuden und wird dem Menschen seine Gerechtigkeit zurückgeben. 27 Er wird vor den Leuten lobsingen und sagen: »Ich hatte gesündigt und das Recht verkehrt, aber es ist mir nicht vergolten worden. 28 Gott hat mich erlöst, dass ich nicht hinfahre zu den Toten, sondern mein Leben das Licht sieht.« 29 Siehe, das alles tut Gott zwei- oder dreimal mit einem jeden, 30 dass er sein Leben zurückhole von den Toten und erleuchte ihn mit dem Licht der Lebendigen. 31 Merk auf, Hiob, und höre mir zu und schweige, damit ich reden kann! 32 Hast du aber etwas zu sagen, so antworte mir. Sage an, ich will dir gern Recht geben! 33 Hast du aber nichts, so höre mir zu und schweige; ich will dich Weisheit lehren.

Hiob 26 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Hiob antwortete und sprach: 2 Wie sehr stehst du dem bei, der keine Kraft hat, hilfst du dem, der keine Stärke in den Armen hat! 3 Wie gibst du Rat dem, der keine Weisheit hat, und lehrst ihn Einsicht in Fülle! 4 Mit wessen Hilfe redest du? Und wessen Geist geht von dir aus? 5 Die Schatten drunten erbeben, das Wasser und die darin wohnen. 6 Das Totenreich ist aufgedeckt vor ihm, und der Abgrund hat keine Decke. 7 Er spannt den Norden aus über dem Leeren und hängt die Erde über das Nichts. 8 Er fasst das Wasser zusammen in seine Wolken, und die Wolken zerreißen darunter nicht. 9 Er verhüllt seinen Thron und breitet seine Wolken davor. 10 Er hat am Rande des Wassers eine Grenze gezogen, wo Licht und Finsternis sich scheiden. 11 Die Säulen des Himmels zittern und entsetzen sich vor seinem Schelten. 12 Durch seine Kraft hat er das Meer erregt, und durch seine Einsicht hat er Rahab zerschmettert. 13 Am Himmel wurde es schön durch seinen Wind, und seine Hand durchbohrte die flüchtige Schlange. 14 Siehe, das sind nur die Enden seiner Wege, und nur ein leises Wörtlein davon haben wir vernommen. Wer will aber den Donner seiner Macht verstehen?

Hiob 27 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Und Hiob fuhr fort mit seinem Spruch und sprach: 2 So wahr Gott lebt, der mir mein Recht verweigert, und der Allmächtige, der meine Seele betrübt 3 – solange noch mein Odem in mir ist und der Hauch von Gott in meiner Nase –: 4 Meine Lippen reden nichts Unrechtes, und meine Zunge sagt keinen Betrug. 5 Das sei ferne von mir, dass ich euch Recht gebe; bis mein Ende kommt, will ich nicht weichen von meiner Unschuld. 6 An meiner Gerechtigkeit halte ich fest und lasse sie nicht; mein Gewissen beißt mich nicht wegen eines meiner Tage. 7 Meinem Feind soll es gehen wie dem Gottlosen und dem, der sich gegen mich auflehnt, wie dem Ungerechten. 8 Denn was ist die Hoffnung des Ruchlosen, wenn Gott mit ihm ein Ende macht und seine Seele von ihm fordert? 9 Meinst du, dass Gott sein Schreien hören wird, wenn die Angst über ihn kommt? 10 Oder kann er an dem Allmächtigen seine Lust haben und Gott allezeit anrufen? 11 Ich will euch über Gottes Tun belehren, und wie der Allmächtige gesinnt ist, will ich nicht verhehlen. 12 Siehe, ihr habt es selber gesehen; warum bringt ihr dann so unnütze Dinge vor? 13 Das ist der Lohn eines gottlosen Menschen bei Gott und das Erbe der Tyrannen, das sie vom Allmächtigen bekommen: 14 Werden seine Söhne groß, so werden sie eine Beute des Schwerts; und seine Nachkommen werden an Brot nicht satt. 15 Die ihm übrig bleiben, wird der Tod ins Grab bringen, und seine Witwen werden nicht weinen. 16 Wenn er Geld zusammenbringt wie Staub und schafft Kleider an, wie man Lehm aufhäuft, 17 so wird er’s zwar anschaffen, aber der Gerechte wird’s anziehen, und dem Unschuldigen wird das Geld zuteil. 18 Er baut sein Haus wie eine Spinne und wie ein Wächter eine Hütte macht. 19 Reich legt er sich nieder, aber wird’s nicht noch einmal tun können; tut er seine Augen auf, dann ist nichts mehr da. 20 Es wird ihn Schrecken überfallen wie Wasserfluten; des Nachts nimmt ihn der Sturmwind fort. 21 Der Ostwind wird ihn wegführen, dass er dahinfährt, und wird ihn von seinem Ort hinwegwehen. 22 Das wird er über ihn bringen und ihn nicht schonen; vor seiner Gewalt muss er immer wieder fliehen. 23 Man wird über ihn mit den Händen klatschen und über ihn zischen, wo er gewesen ist.

Hiob 23 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Hiob antwortete und sprach: 2 Auch heute lehnt sich meine Klage auf; seine Hand drückt schwer, dass ich seufzen muss. 3 Ach dass ich wüsste, wie ich ihn finden und zu seinem Thron kommen könnte! 4 So würde ich ihm das Recht darlegen und meinen Mund mit Beweisen füllen 5 und erfahren die Reden, die er mir antworten, und vernehmen, was er mir sagen würde. 6 Würde er mit großer Macht mit mir rechten? Nein, er selbst würde Acht haben auf mich. 7 Dann würde ein Redlicher mit ihm rechten, und für immer würde ich entrinnen meinem Richter! 8 Aber gehe ich nun vorwärts, so ist er nicht da; gehe ich zurück, so spüre ich ihn nicht. 9 Ist er zur Linken, so schaue ich ihn nicht; verbirgt er sich zur Rechten, so sehe ich ihn nicht. 10 Er aber kennt meinen Weg gut. Er prüfe mich, so will ich erfunden werden wie das Gold. 11 Denn ich hielt meinen Fuß auf seiner Bahn und bewahrte seinen Weg und wich nicht ab 12 und übertrat nicht das Gebot seiner Lippen und bewahrte die Reden seines Mundes bei mir. 13 Doch er ist der Eine – wer will ihm wehren? Und er macht’s, wie er will. 14 Ja, er wird vollenden, was mir bestimmt ist, und hat noch mehr derart im Sinn. 15 Darum erschrecke ich vor seinem Angesicht, und wenn ich darüber nachdenke, so fürchte ich mich vor ihm. 16 Gott ist’s, der mein Herz mutlos gemacht, und der Allmächtige, der mich erschreckt hat; 17 denn nicht der Finsternis wegen muss ich schweigen, und nicht, weil Dunkel mein Angesicht deckt.

Hiob 24 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Warum sind von dem Allmächtigen nicht Zeiten vorbehalten, und warum sehen, die ihn kennen, seine Tage nicht? 2 Die Gottlosen verrücken die Grenzen, rauben die Herde und weiden sie. 3 Sie treiben den Esel der Waisen weg und nehmen das Rind der Witwe zum Pfande. 4 Sie stoßen die Armen vom Wege, und die Elenden im Lande müssen sich verkriechen. 5 Siehe, sie sind wie Wildesel: In der Wüste gehen sie an ihr Werk und suchen Nahrung in der Einöde als Speise für ihre Kinder. 6 Sie ernten des Nachts auf dem Acker und halten Nachlese im Weinberg des Gottlosen. 7 Sie liegen in der Nacht nackt ohne Gewand und haben keine Decke im Frost. 8 Sie triefen vom Regen in den Bergen; sie müssen sich an die Felsen drücken, weil sie sonst keine Zuflucht haben. 9 Man reißt das Waisenkind von der Mutterbrust und nimmt den Säugling der Armen zum Pfande. 10 Nackt gehen sie einher ohne Kleider, und hungrig tragen sie Garben. 11 Gleich in den Gärten pressen sie Öl, sie treten die Kelter und leiden doch Durst. 12 Fern der Stadt seufzen Sterbende, und die Seele der Säuglinge schreit. Doch Gott achtet nicht darauf! 13 Sie sind Feinde des Lichts geworden, kennen Gottes Weg nicht und bleiben nicht auf seinen Pfaden. 14 Wenn der Tag anbricht, steht der Mörder auf und erwürgt den Elenden und Armen, und des Nachts schleicht der Dieb. 15 Das Auge des Ehebrechers lauert auf das Dunkel, und er denkt: »Mich sieht kein Auge!«, und verdeckt sein Antlitz. 16 Im Finstern bricht man in die Häuser ein; am Tage verbergen sie sich und scheuen alle das Licht. 17 Ja, als Morgen gilt ihnen allen die Finsternis, denn sie sind bekannt mit den Schrecken der Finsternis. 18 Er fährt leicht wie auf dem Wasser dahin, verflucht wird sein Acker im Lande, und man wendet sich seinem Weinberg nicht zu. 19 Der Tod nimmt weg die da sündigen, wie die Hitze und Dürre das Schneewasser verzehrt. 20 Der Mutterschoß vergisst ihn; die Würmer laben sich an ihm. An ihn denkt man nicht mehr; so zerbricht Frevel wie Holz. 21 Er hat bedrückt die Unfruchtbare, die nicht gebar, und hat der Witwe nichts Gutes getan. 22 Gott rafft die Gewalttätigen hin durch seine Kraft; steht er auf, so müssen sie am Leben verzweifeln. 23 Er gibt ihnen, dass sie sicher sind und eine Stütze haben, doch seine Augen wachen über ihren Wegen. 24 Sie sind hoch erhöht; aber nach einer kleinen Weile sind sie nicht mehr da; sie sinken hin und werden hinweggerafft wie alle; wie die Spitzen der Ähren werden sie abgeschnitten. 25 Ist’s nicht so? Wer will mich Lügen strafen und erweisen, dass meine Rede nichts sei?

Hiob 19 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Hiob antwortete und sprach: 2 Wie lange plagt ihr doch meine Seele und peinigt mich mit Worten! 3 Ihr habt mich nun zehnmal verhöhnt und schämt euch nicht, mir so zuzusetzen. 4 Habe ich wirklich geirrt, so trage ich meinen Irrtum selbst. 5 Wollt ihr euch wahrlich über mich erheben und wollt mir meine Schande beweisen? 6 So merkt doch endlich, dass Gott mir unrecht getan hat und mich mit seinem Jagdnetz umgeben hat. 7 Siehe, ich schreie »Gewalt!« und werde doch nicht gehört; ich rufe, aber kein Recht ist da. 8 Er hat meinen Weg vermauert, dass ich nicht hinüberkann, und hat Finsternis auf meinen Steig gelegt. 9 Er hat mir mein Ehrenkleid ausgezogen und die Krone von meinem Haupt genommen. 10 Er hat mich zerbrochen um und um, dass ich dahinfuhr, und hat meine Hoffnung ausgerissen wie einen Baum. 11 Sein Zorn ist über mich entbrannt, und er achtet mich seinen Feinden gleich. 12 Vereint kommen seine Kriegsscharen und haben ihren Weg gegen mich gebaut und sich um meine Hütte her gelagert. 13 Er hat meine Brüder von mir entfernt, und meine Verwandten sind mir fremd geworden. 14 Meine Nächsten haben sich zurückgezogen, und meine Freunde haben mich vergessen. 15 Meinen Hausgenossen und meinen Mägden gelte ich als Fremder; ich bin ein Unbekannter in ihren Augen. 16 Ich rief meinen Knecht und er antwortete mir nicht; ich musste ihn anflehen mit eigenem Munde. 17 Mein Odem ist zuwider meiner Frau, und den Söhnen meiner Mutter ekelt’s vor mir. 18 Selbst die Kinder geben nichts auf mich; stelle ich mich gegen sie, so geben sie mir böse Worte. 19 Alle meine Getreuen verabscheuen mich, und die ich lieb hatte, haben sich gegen mich gewandt. 20 Mein Gebein hängt nur noch an Haut und Fleisch, und nur das nackte Leben brachte ich davon. 21 Erbarmt euch über mich, erbarmt euch, meine Freunde; denn die Hand Gottes hat mich getroffen! 22 Warum verfolgt ihr mich wie Gott und könnt nicht satt werden von meinem Fleisch? 23 Ach dass meine Reden aufgeschrieben würden! Ach dass sie aufgezeichnet würden als Inschrift, 24 mit einem eisernen Griffel in Blei geschrieben, zu ewigem Gedächtnis in einen Fels gehauen! 25 Aber ich weiß, dass mein Erlöser lebt, und als der Letzte wird er über dem Staub sich erheben. 26 Und ist meine Haut noch so zerschlagen und mein Fleisch dahingeschwunden, so werde ich doch Gott sehen. 27 Ich selbst werde ihn sehen, meine Augen werden ihn schauen und kein Fremder. Danach sehnt sich mein Herz in meiner Brust. 28 Wenn ihr sprecht: Wie wollen wir ihn verfolgen und eine Sache gegen ihn finden!, 29 so fürchtet euch selbst vor dem Schwert; denn das sind Missetaten, die das Schwert straft, damit ihr wisst, dass es ein Gericht gibt.

Hiob 18 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Da antwortete Bildad von Schuach und sprach: 2 Wie lange wollt ihr auf Worte Jagd machen? Habt doch Einsicht; danach wollen wir reden! 3 Warum werden wir geachtet wie Vieh und sind so töricht in euren Augen? 4 Willst du vor Zorn bersten? Soll um deinetwillen die Erde veröden und der Fels von seiner Stätte weichen? 5 Dennoch wird das Licht der Gottlosen verlöschen, und der Funke seines Feuers wird nicht leuchten. 6 Das Licht wird finster werden in seiner Hütte und seine Leuchte über ihm verlöschen. 7 Seine kräftigen Schritte werden kürzer, und sein eigener Plan wird ihn fällen. 8 Ins Garn bringen ihn seine Füße, und über Fanggruben führt sein Weg. 9 Das Netz wird seine Ferse festhalten, und die Schlinge wird ihn fangen. 10 Sein Strick ist versteckt in der Erde und seine Falle auf seinem Weg. 11 Um und um schreckt ihn jähe Angst, dass er nicht weiß, wo er hinaus soll. 12 Unheil hungert nach ihm, und Unglück steht bereit zu seinem Sturz. 13 Die Glieder seines Leibes werden verzehrt; seine Glieder wird verzehren der Erstgeborene des Todes. 14 Er wird aus seiner Hütte verjagt, auf die er vertraute, und hingetrieben zum König des Schreckens. 15 In seiner Hütte wird wohnen, was nicht zu ihm gehört; über seine Stätte wird Schwefel gestreut. 16 Unten verdorren seine Wurzeln, und oben verwelken seine Zweige. 17 Sein Andenken wird vergehen im Lande, und er wird keinen Namen haben auf der Gasse. 18 Er wird vom Licht in die Finsternis vertrieben und vom Erdboden verstoßen werden. 19 Er wird keine Kinder haben und keine Enkel unter seinem Volk; es wird ihm keiner übrig bleiben in seinen Wohnungen. 20 Die im Westen werden sich über seinen Gerichtstag entsetzen, und die im Osten wird Furcht ankommen. 21 Ja, so geht’s der Wohnung des Ungerechten und der Stätte dessen, der Gott nicht achtet.

Hiob 16 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Hiob antwortete und sprach: 2 Ich habe das schon oft gehört. Ihr seid allzumal leidige Tröster! 3 Wollen die leeren Worte kein Ende haben? Oder was reizt dich, so zu reden? 4 Auch ich könnte wohl reden wie ihr, wärt ihr an meiner Stelle. Auch ich könnte Worte gegen euch zusammenbringen und mein Haupt über euch schütteln. 5 Ich würde euch stärken mit dem Munde und mit meinen Lippen trösten. 6 Aber wenn ich schon redete, so würde mich mein Schmerz nicht verschonen; hörte ich auf zu reden, so bliebe er dennoch bei mir. 7 Nun aber hat Er mich müde gemacht und alles verstört, was um mich ist. 8 Er hat mich runzlig gemacht, das zeugt wider mich, und mein Siechtum steht wider mich auf und verklagt mich ins Angesicht. 9 Sein Grimm hat mich zerrissen, und er war mir Feind; er knirschte mit den Zähnen gegen mich; mein Widersacher funkelt mich mit seinen Augen an. 10 Sie haben ihren Mund aufgesperrt wider mich und haben mich schmählich auf meine Backen geschlagen. Sie haben ihren Mut miteinander an mir gekühlt. 11 Gott hat mich übergeben dem Ungerechten und hat mich in die Hände der Gottlosen kommen lassen. 12 Ich war in Frieden, aber er hat mich zunichte gemacht; er hat mich beim Genick genommen und zerschmettert. Er hat mich als seine Zielscheibe aufgerichtet; 13 seine Pfeile schwirren um mich her. Er hat meine Nieren durchbohrt und nicht verschont; er hat meine Galle auf die Erde geschüttet. 14 Er schlägt in mich eine Bresche nach der andern; er läuft gegen mich an wie ein Kriegsmann. 15 Ich habe einen Sack um meinen Leib gelegt und mein Haupt in den Staub gebeugt. 16 Mein Antlitz ist gerötet vom Weinen, auf meinen Wimpern liegt Dunkelheit, 17 obwohl kein Frevel in meiner Hand und mein Gebet rein ist. 18 Ach Erde, bedecke mein Blut nicht, und mein Schreien finde keine Ruhestatt! 19 Siehe, auch jetzt noch ist mein Zeuge im Himmel, und mein Fürsprecher ist in der Höhe. 20 Meine Freunde verspotten mich; unter Tränen blickt mein Auge zu Gott auf, 21 dass er Recht verschaffe dem Mann bei Gott, dem Menschen vor seinem Freund. 22 Denn nur wenige Jahre noch und ich gehe den Weg, den ich nicht wiederkommen werde.

Hiob 17 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Mein Geist ist zerbrochen, meine Tage sind ausgelöscht; das Grab ist da. 2 Fürwahr, Gespött umgibt mich, und auf ihrem Hadern muss mein Auge weilen. 3 Sei du selbst mein Bürge bei dir – wer will mich sonst vertreten? 4 Denn du hast ihrem Herzen den Verstand verborgen, darum wirst du ihnen den Sieg nicht geben. 5 Zum Teilen lädt einer Freunde ein, doch die Augen seiner Kinder müssen verschmachten. 6 Er hat mich zum Sprichwort unter den Leuten gemacht, und ich muss mir ins Angesicht speien lassen. 7 Mein Auge ist dunkel geworden vor Trauern, und alle meine Glieder sind wie ein Schatten. 8 Darüber entsetzen sich die Gerechten, und die Unschuldigen entrüsten sich über die Ruchlosen. 9 Aber der Gerechte hält fest an seinem Weg, und wer reine Hände hat, nimmt an Stärke zu. 10 Wohlan, kehrt euch alle wieder her und kommt; ich werde dennoch keinen Weisen unter euch finden! 11 Meine Tage sind vergangen; zerrissen sind meine Pläne, die mein Herz besessen haben. 12 Nacht will man mir zum Tag machen: Licht sei näher als Finsternis. 13 Wenn ich auch lange warte, so ist doch bei den Toten mein Haus, und in der Finsternis ist mein Bett gemacht. 14 Das Grab nenne ich meinen Vater und die Würmer meine Mutter und meine Schwester. 15 Worauf soll ich denn hoffen? Und wer sieht noch Hoffnung für mich? 16 Hinunter zu den Toten wird sie fahren, wenn alle miteinander im Staub liegen.

Hiob 15 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Da antwortete Elifas von Teman und sprach: 2 Soll ein weiser Mann so aufgeblasene Worte reden und seinen Bauch so blähen mit leeren Reden? 3 Du verantwortest dich mit Worten, die nichts taugen, und dein Reden ist nichts nütze. 4 Du selbst zerstörst die Gottesfurcht und raubst dir die Andacht vor Gott. 5 Denn deine Schuld lehrt deinen Mund, und du hast erwählt eine listige Zunge. 6 Dein Mund verdammt dich und nicht ich, deine Lippen zeugen gegen dich. 7 Bist du als der erste Mensch geboren? Kamst du vor den Hügeln zur Welt? 8 Hast du im heimlichen Rat Gottes zugehört und die Weisheit an dich gerissen? 9 Was weißt du, das wir nicht wissen? Was verstehst du, das uns nicht bekannt ist? 10 Es sind Ergraute und Alte unter uns, die länger gelebt haben als dein Vater. 11 Gelten Gottes Tröstungen so gering bei dir und ein Wort, das sanft mit dir verfuhr? 12 Was reißt dein Herz dich fort? Was funkeln deine Augen, 13 dass sich dein Mut wider Gott richtet und du solche Reden aus deinem Munde lässt? 14 Was ist der Mensch, dass er rein sein sollte, und dass der gerecht sein sollte, der vom Weibe geboren ist? 15 Siehe, seinen Heiligen traut Gott nicht, und selbst die Himmel sind nicht rein vor ihm. 16 Wie viel weniger der Mensch, der gräulich und verderbt ist, der Unrecht säuft wie Wasser! 17 Ich will dir’s zeigen, höre mir zu, und ich will dir erzählen, was ich gesehen habe, 18 was die Weisen gesagt und ihre Väter ihnen nicht verborgen haben, 19 denen allein das Land gegeben war, sodass kein Fremder unter ihnen umherzog: 20 Der Gottlose bebt sein Leben lang, und dem Tyrannen ist die Zahl seiner Jahre verborgen. 21 Stimmen des Schreckens hört sein Ohr, und mitten im Frieden kommt der Verderber über ihn. 22 Er glaubt nicht, dass er dem Dunkel entrinnen könne, und fürchtet immer das Schwert. 23 Er zieht hin und her nach Brot und weiß, dass ihm der Tag der Finsternis bereitet ist. 24 Angst und Not schrecken ihn und schlagen ihn nieder wie ein König, der angreift. 25 Denn er hat seine Hand gegen Gott ausgereckt und dem Allmächtigen getrotzt. 26 Er läuft mit dem Kopf gegen ihn an und ficht halsstarrig wider ihn. 27 Er brüstet sich wie ein fetter Wanst und macht sich feist und dick. 28 Er wohnt in zerstörten Städten, in Häusern, wo man nicht bleiben soll, die zu Steinhaufen bestimmt sind. 29 Doch wird er nicht reich bleiben, und sein Gut wird nicht bestehen, und sein Besitz wird sich nicht ausbreiten im Lande. 30 Er wird der Finsternis nicht entrinnen. Die Flamme wird seine Zweige verdorren, und Gott wird ihn durch den Hauch seines Mundes wegraffen. 31 Er traue nicht auf Trug, sonst wird er betrogen sein, und Trug wird sein Lohn werden. 32 Er wird ihm voll ausgezahlt werden noch vor der Zeit, und sein Zweig wird nicht mehr grünen. 33 Er gleicht dem Weinstock, der die Trauben unreif abstößt, und dem Ölbaum, der seine Blüte abwirft. 34 Denn die Rotte der Ruchlosen wird unfruchtbar bleiben, und das Feuer wird die Hütten der Bestechlichen fressen. 35 Sie gehen schwanger mit Mühsal und gebären Unglück, und ihr Schoß bringt Trug zur Welt.

Hiob 12 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Da antwortete Hiob und sprach: 2 Ja, ihr seid die Leute, mit euch wird die Weisheit sterben! 3 Ich hab ebenso Verstand wie ihr und bin nicht geringer als ihr; wer wüsste das nicht? 4 Ich muss von meinem Nächsten verlacht sein, der ich Gott anrief und den er erhörte. Der Gerechte und Fromme muss verlacht sein. 5 Dem Unglück gebührt Verachtung, so meint der Sichere; ein Stoß denen, deren Fuß schon wankt! 6 Die Hütten der Verwüster stehen ganz sicher, und Ruhe haben, die wider Gott toben, die Gott in ihrer Faust führen. 7 Frage doch das Vieh, das wird dich’s lehren, und die Vögel unter dem Himmel, die werden dir’s sagen, 8 oder die Sträucher der Erde, die werden dich’s lehren, und die Fische im Meer werden dir’s erzählen. 9 Wer erkennte nicht an dem allen, dass des HERRN Hand das gemacht hat, 10 dass in seiner Hand ist die Seele von allem, was lebt, und der Lebensodem aller Menschen? 11 Prüft nicht das Ohr die Rede, wie der Mund die Speise schmeckt? 12 Bei den Großvätern nur soll Weisheit sein und Verstand nur bei den Alten? 13 Bei Gott ist Weisheit und Gewalt, sein ist Rat und Verstand. 14 Siehe, wenn er zerbricht, so hilft kein Bauen; wenn er jemand einschließt, kann niemand aufmachen. 15 Siehe, wenn er das Wasser zurückhält, so wird alles dürr, und wenn er’s loslässt, so wühlt es das Land um. 16 Bei ihm ist Kraft und Einsicht. Sein ist, der da irrt und der irreführt. 17 Er führt die Ratsherren gefangen und macht die Richter zu Toren. 18 Er macht frei von den Banden der Könige und umgürtet ihre Lenden mit einem Gurt. 19 Er führt die Priester barfuß davon und bringt zu Fall die alten Geschlechter. 20 Er entzieht die Sprache den Verlässlichen und nimmt weg den Verstand der Alten. 21 Er schüttet Verachtung auf die Fürsten und zieht den Gewaltigen die Rüstung aus. 22 Er öffnet die finstern Schluchten und bringt heraus das Dunkel ans Licht. 23 Er macht Völker groß und bringt sie wieder um; er breitet ein Volk aus und treibt’s wieder weg. 24 Er nimmt den Häuptern des Volks im Lande den Mut und führt sie irre, wo kein Weg ist, 25 dass sie in der Finsternis tappen ohne Licht, und macht sie irre wie die Trunkenen.

Hiob 13 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Siehe, das hat alles mein Auge gesehen und mein Ohr gehört, und ich hab’s verstanden. 2 Was ihr wisst, das weiß ich auch, und ich bin nicht geringer als ihr. 3 Doch ich wollte gern zu dem Allmächtigen reden und wollte rechten mit Gott. 4 Aber ihr seid Lügentüncher und seid alle unnütze Ärzte. 5 Wollte Gott, dass ihr geschwiegen hättet, so wäret ihr weise geblieben. 6 Hört doch, wie ich mich verantworte, und merkt auf die Streitsache, von der ich rede! 7 Wollt ihr Gott verteidigen mit Unrecht und Trug für ihn reden? 8 Wollt ihr für ihn Partei nehmen? Wollt ihr Gottes Sache vertreten? 9 Wird’s euch auch wohlgehen, wenn er euch verhören wird? Meint ihr, dass ihr ihn täuschen werdet, wie man einen Menschen täuscht? 10 Er wird euch hart zurechtweisen, wenn ihr heimlich Partei ergreift. 11 Werdet ihr euch nicht entsetzen, wenn er sich erhebt, und wird sein Schrecken nicht über euch fallen? 12 Was ihr zu bedenken gebt, sind Sprüche aus Asche; eure Bollwerke werden zu Lehmhaufen. 13 Schweigt still und lasst mich reden; es komme über mich, was da will. 14 Was soll ich mein Fleisch mit meinen Zähnen festhalten und mein Leben aufs Spiel setzen? 15 Siehe, er wird mich doch umbringen, und ich habe nichts zu hoffen; doch will ich meine Wege vor ihm verantworten. 16 Auch das muss mir zum Heil sein; denn es kommt kein Ruchloser vor ihn. 17 Hört meine Rede und was ich darlege mit euren Ohren! 18 Siehe, ich bin zum Rechtsstreit gerüstet; ich weiß, dass ich Recht behalten werde. 19 Wer ist, der mit mir rechten könnte? Denn dann wollte ich schweigen und zugrunde gehen. 20 Nur zweierlei tu mir nicht, so will ich mich vor dir nicht verbergen: 21 Lass deine Hand fern von mir sein, und dein Schrecken erschrecke mich nicht; 22 dann rufe, ich will dir antworten, oder ich will reden, dann antworte du mir! 23 Wie groß ist meine Schuld und Sünde? Lass mich wissen meine Übertretung und Sünde. 24 Warum verbirgst du dein Antlitz und hältst mich für deinen Feind? 25 Willst du ein verwehendes Blatt schrecken und einen dürren Halm verfolgen, 26 dass du so Bitteres über mich verhängst und über mich bringst die Sünden meiner Jugend? 27 Du hast meinen Fuß in den Block gelegt und hast Acht auf alle meine Pfade und siehst auf die Fußtapfen meiner Füße, 28 der ich doch wie Moder vergehe und wie ein Kleid, das die Motten fressen.

Hiob 14 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Der Mensch, vom Weibe geboren, lebt kurze Zeit und ist voll Unruhe, 2 geht auf wie eine Blume und fällt ab, flieht wie ein Schatten und bleibt nicht. 3 Doch du tust deine Augen über einen solchen auf, dass du mich vor dir ins Gericht ziehst. 4 Kann wohl ein Reiner kommen von Unreinen? Auch nicht einer! 5 Sind seine Tage bestimmt, steht die Zahl seiner Monde bei dir und hast du ein Ziel gesetzt, das er nicht überschreiten kann: 6 so blicke doch weg von ihm, damit er Ruhe hat, bis sein Tag kommt, auf den er sich wie ein Tagelöhner freut. 7 Denn ein Baum hat Hoffnung, auch wenn er abgehauen ist; er kann wieder ausschlagen, und seine Schösslinge bleiben nicht aus. 8 Ob seine Wurzel in der Erde alt wird und sein Stumpf im Boden erstirbt, 9 so grünt er doch wieder vom Geruch des Wassers und treibt Zweige wie eine junge Pflanze. 10 Stirbt aber ein Mann, so ist er dahin; kommt ein Mensch um – wo ist er? 11 Wie Wasser ausläuft aus dem See, und wie ein Strom versiegt und vertrocknet, 12 so ist ein Mensch, wenn er sich niederlegt, er wird nicht wieder aufstehen; er wird nicht aufwachen, solange der Himmel bleibt, noch von seinem Schlaf erweckt werden. 13 Ach dass du mich im Totenreich verwahren und verbergen wolltest, bis dein Zorn sich legt, und mir ein Ziel setzen und dann an mich denken wolltest! 14 Meinst du, ein toter Mensch wird wieder leben? Alle Tage meines Dienstes wollte ich harren, bis meine Ablösung kommt. 15 Du würdest rufen und ich dir antworten; es würde dich verlangen nach dem Werk deiner Hände. 16 Dann würdest du meine Schritte zählen, aber hättest doch nicht Acht auf meine Sünden. 17 Du würdest meine Übertretung in ein Bündlein versiegeln und meine Schuld übertünchen. 18 Ein Berg kann zerfallen und vergehen und ein Fels von seiner Stätte weichen, 19 Wasser wäscht Steine weg, und seine Fluten schwemmen die Erde weg: so machst du die Hoffnung des Menschen zunichte. 20 Du überwältigst ihn für immer, dass er davonmuss, entstellst sein Antlitz und lässt ihn dahinfahren. 21 Sind seine Kinder in Ehren, das weiß er nicht, oder ob sie verachtet sind, das wird er nicht gewahr. 22 Nur sein eigenes Fleisch macht ihm Schmerzen, und nur um ihn selbst trauert seine Seele.

Hiob 9 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Hiob antwortete und sprach: 2 Ja, ich weiß sehr gut, dass es so ist und dass ein Mensch nicht Recht behalten kann gegen Gott. 3 Hat er Lust, mit ihm zu streiten, so kann er ihm auf tausend nicht eins antworten. 4 Gott ist weise und mächtig; wem ist’s je gelungen, der sich gegen ihn gestellt hat? 5 Er versetzt Berge, ehe sie es innewerden; er kehrt sie um in seinem Zorn. 6 Er bewegt die Erde von ihrem Ort, dass ihre Pfeiler zittern. 7 Er spricht zur Sonne, so geht sie nicht auf, und versiegelt die Sterne. 8 Er allein breitet den Himmel aus und geht auf den Wogen des Meers. 9 Er macht den Wagen am Himmel und den Orion und das Siebengestirn und die Sterne des Südens. 10 Er tut große Dinge, die nicht zu erforschen, und Wunder, die nicht zu zählen sind. 11 Siehe, er geht an mir vorüber, ohne dass ich’s gewahr werde, und wandelt vorbei, ohne dass ich’s merke. 12 Siehe, wenn er wegrafft, wer will ihm wehren? Wer will zu ihm sagen: Was machst du? 13 Gott wehrt seinem Zorn nicht; unter ihn mussten sich beugen die Helfer Rahabs. 14 Wie sollte dann ich ihm antworten und Worte finden vor ihm? 15 Wenn ich auch Recht habe, so kann ich ihm doch nicht antworten, sondern ich müsste um mein Recht flehen. 16 Wenn ich ihn auch anrufe, dass er mir antwortet, so glaube ich nicht, dass er meine Stimme hört, 17 vielmehr greift er nach mir im Wettersturm und schlägt mir viele Wunden ohne Grund. 18 Er lässt mich nicht Atem schöpfen, sondern sättigt mich mit Bitternis. 19 Geht es um Macht und Gewalt: Er hat sie. Geht es um Recht: Wer will ihn vorladen? 20 Wäre ich gerecht, so müsste mich doch mein Mund verdammen; wäre ich unschuldig, so würde er mich doch schuldig sprechen. 21 Ich bin unschuldig! Ich möchte nicht mehr leben; ich verachte mein Leben. 22 Es ist eins, darum sage ich: Er bringt den Frommen um wie den Gottlosen. 23 Wenn seine Geißel plötzlich tötet, so spottet er über die Verzweiflung der Unschuldigen. 24 Er hat die Erde unter gottlose Hände gegeben, und das Antlitz ihrer Richter verhüllt er. Wenn nicht er, wer anders sollte es tun? 25 Meine Tage sind schneller gewesen als ein Läufer; sie sind dahingeflohen und haben nichts Gutes erlebt. 26 Sie sind dahingefahren wie schnelle Schiffe, wie ein Adler herabstößt auf die Beute. 27 Wenn ich denke: Ich will meine Klage vergessen und mein Angesicht ändern und heiter bleiben, 28 so fürchte ich doch wieder alle meine Schmerzen, weil ich weiß, dass du mich nicht unschuldig sprechen wirst. 29 Ich soll ja doch schuldig sein! Warum mühe ich mich denn so vergeblich? 30 Wenn ich mich auch mit Schneewasser wüsche und reinigte meine Hände mit Lauge, 31 so wirst du mich doch eintauchen in die Grube, dass sich meine Kleider vor mir ekeln. 32 Denn er ist nicht ein Mensch wie ich, dem ich antworten könnte, dass wir miteinander vor Gericht gingen. 33 Dass es doch zwischen uns einen Schiedsmann gäbe, der seine Hand auf uns beide legte! 34 Dass er seine Rute von mir nehme und mich nicht mehr ängstige! 35 So wollte ich reden und mich nicht vor ihm fürchten, denn ich bin mir keiner Schuld bewusst.

Hiob 10 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Mich ekelt mein Leben an. Ich will meiner Klage ihren Lauf lassen und reden in der Betrübnis meiner Seele 2 und zu Gott sagen: Verdamme mich nicht! Lass mich wissen, warum du mich vor Gericht ziehst. 3 Gefällt dir’s, dass du Gewalt tust und verwirfst mich, den deine Hände gemacht haben, und bringst der Gottlosen Vorhaben zu Ehren? 4 Hast du denn Menschenaugen, oder siehst du, wie ein Sterblicher sieht? 5 Oder ist deine Zeit wie eines Menschen Zeit oder deine Jahre wie eines Mannes Jahre, 6 dass du nach meiner Schuld fragst und nach meiner Sünde suchst, 7 wo du doch weißt, dass ich nicht schuldig bin und niemand da ist, der aus deiner Hand erretten kann? 8 Deine Hände haben mich gebildet und bereitet; danach hast du dich abgewandt und willst mich verderben? 9 Bedenke doch, dass du mich aus Erde gemacht hast, und lässt mich wieder zum Staub zurückkehren? 10 Hast du mich nicht wie Milch hingegossen und wie Käse gerinnen lassen? 11 Du hast mir Haut und Fleisch angezogen; mit Knochen und Sehnen hast du mich zusammengefügt; 12 Leben und Wohltat hast du an mir getan, und deine Obhut hat meinen Odem bewahrt. 13 Aber du verbargst in deinem Herzen – ich weiß, du hattest das im Sinn –, 14 dass du darauf achten wolltest, wenn ich sündigte, und mich von meiner Schuld nicht lossprechen. 15 Wäre ich schuldig, dann wehe mir! Und wäre ich schuldlos, so dürfte ich doch mein Haupt nicht erheben, gesättigt mit Schmach und getränkt mit Elend. 16 Und wenn ich es aufrichtete, so würdest du mich jagen wie ein Löwe und wiederum erschreckend an mir handeln. 17 Du würdest immer neue Zeugen gegen mich stellen und deinen Zorn auf mich noch mehren und immer neue Heerhaufen gegen mich senden. 18 Warum hast du mich aus meiner Mutter Leib kommen lassen? Ach dass ich umgekommen wäre und mich nie ein Auge gesehen hätte! 19 So wäre ich wie die, die nie gewesen sind, vom Mutterleib weg zum Grabe gebracht. 20 Ist denn mein Leben nicht kurz? So höre auf und lass ab von mir, dass ich ein wenig erquickt werde, 21 ehe denn ich hingehe – und komme nicht zurück – ins Land der Finsternis und des Dunkels, 22 ins Land, wo es stockfinster ist und dunkel ohne alle Ordnung, und wenn’s hell wird, so ist es immer noch Finsternis.

Hiob 8 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Da hob Bildad von Schuach an und sprach: 2 Wie lange willst du so reden und sollen die Reden deines Mundes so ungestüm daherfahren? 3 Meinst du, dass Gott unrecht richtet oder der Allmächtige das Recht verkehrt? 4 Haben deine Söhne vor ihm gesündigt, so hat er sie verstoßen um ihrer Sünde willen. 5 Wenn du aber dich beizeiten zu Gott wendest und zu dem Allmächtigen flehst, 6 wenn du rein und fromm bist, so wird er deinetwegen aufwachen und wird wieder aufrichten deine Wohnung, wie es dir zusteht. 7 Und was du zuerst wenig gehabt hast, wird hernach sehr zunehmen. 8 Denn frage die früheren Geschlechter und merke auf das, was ihre Väter erforscht haben, 9 denn wir sind von gestern her und wissen nichts; unsere Tage sind ein Schatten auf Erden. 10 Sie werden dich’s lehren und dir sagen und ihre Rede aus ihrem Herzen hervorbringen: 11 »Kann auch Rohr aufwachsen, wo es nicht feucht ist, oder Schilf wachsen ohne Wasser? 12 Noch steht’s in Blüte, bevor man es schneidet, da verdorrt es schon vor allem Gras. 13 So geht es jedem, der Gott vergisst, und die Hoffnung des Ruchlosen wird verloren sein. 14 Denn seine Zuversicht vergeht, und seine Hoffnung ist ein Spinnweb. 15 Er verlässt sich auf sein Haus, aber es hält nicht stand; er hält sich daran, aber es bleibt nicht stehen. 16 Er steht voll Saft im Sonnenschein, und seine Reiser wachsen hinaus über seinen Garten. 17 Über Steinhaufen schlingen sich seine Wurzeln und halten sich zwischen Steinen fest. 18 Wenn man ihn aber vertilgt von seiner Stätte, so wird sie ihn verleugnen, als kennte sie ihn nicht. 19 Siehe, das ist das Glück seines Lebens, und aus dem Staube werden andre wachsen.« 20 Siehe, Gott verwirft die Frommen nicht und hält die Hand der Boshaften nicht fest, 21 bis er deinen Mund voll Lachens mache und deine Lippen voll Jauchzens. 22 Die dich aber hassen, müssen sich in Schmach kleiden, und die Hütte der Gottlosen wird nicht bestehen.

Hiob 6 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Hiob antwortete und sprach: 2 Wenn man doch meinen Kummer wägen und mein Leiden zugleich auf die Waage legen wollte! 3 Denn nun ist es schwerer als Sand am Meer; darum sind meine Worte noch unbedacht. 4 Denn die Pfeile des Allmächtigen stecken in mir; mein Geist muss ihr Gift trinken, und die Schrecknisse Gottes sind auf mich gerichtet. 5 Schreit denn der Wildesel, wenn er Gras hat, oder brüllt der Stier, wenn er sein Futter hat? 6 Isst man denn Fades, ohne es zu salzen, oder hat Eiweiß Wohlgeschmack? 7 Meine Seele sträubt sich, es anzurühren; es ist, als wäre mein Brot unrein. 8 Könnte meine Bitte doch geschehen und Gott mir geben, was ich hoffe! 9 Dass mich doch Gott erschlagen wollte und seine Hand ausstreckte und mir den Lebensfaden abschnitte! 10 So hätte ich noch diesen Trost und wollte fröhlich springen – ob auch der Schmerz mich quält ohne Erbarmen –, dass ich nicht verleugnet habe die Worte des Heiligen. 11 Was ist meine Kraft, dass ich ausharren könnte; und welches Ende wartet auf mich, dass ich geduldig sein sollte? 12 Ist doch meine Kraft nicht aus Stein und mein Fleisch nicht aus Erz. 13 Hab ich denn keine Hilfe mehr, und gibt es keinen Rat mehr für mich? 14 Wer Barmherzigkeit seinem Nächsten verweigert, der gibt die Furcht vor dem Allmächtigen auf. 15 Meine Brüder trügen wie ein Bach, wie das Bett der Bäche, die versickern, 16 die erst trübe sind vom Eis, darin der Schnee sich birgt, 17 doch zur Zeit, wenn die Hitze kommt, versiegen sie; wenn es heiß wird, vergehen sie von ihrer Stätte: 18 Ihr Weg windet sich dahin und verläuft, sie gehen hin ins Nichts und verschwinden. 19 Die Karawanen von Tema blickten aus auf sie, die Karawanen von Saba hofften auf sie; 20 aber sie wurden zuschanden über ihrer Hoffnung und waren betrogen, als sie dahin kamen. 21 So seid ihr jetzt für mich geworden; weil ihr Schrecknisse seht, fürchtet ihr euch. 22 Hab ich denn gesagt: Schenkt mir etwas und bezahlt für mich von eurem Vermögen 23 und errettet mich aus der Hand des Feindes und kauft mich los von der Hand der Gewalttätigen? 24 Belehrt mich, so will ich schweigen, und worin ich geirrt habe, darin unterweist mich! 25 Wie kräftig sind doch redliche Worte! Aber euer Tadeln, was beweist das? 26 Gedenkt ihr, Worte zu rügen? Aber die Rede eines Verzweifelnden verhallt im Wind. 27 Ihr freilich könntet wohl über eine arme Waise das Los werfen und euren Nächsten verschachern. 28 Nun aber hebt doch an und seht auf mich, ob ich euch ins Angesicht lüge. 29 Kehrt doch um, damit nicht Unrecht geschehe! Kehrt um! Noch habe ich Recht darin! 30 Ist denn auf meiner Zunge Unrecht, oder sollte mein Gaumen Böses nicht merken?

Hiob 7 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Muss nicht der Mensch immer im Dienst stehen auf Erden, und sind seine Tage nicht wie die eines Tagelöhners? 2 Wie ein Knecht sich sehnt nach dem Schatten und ein Tagelöhner auf seinen Lohn wartet, 3 so hab ich wohl ganze Monate vergeblich gearbeitet, und viele elende Nächte sind mir geworden. 4 Wenn ich mich niederlegte, sprach ich: Wann werde ich aufstehen? Bin ich aufgestanden, so wird mir’s lang bis zum Abend, und mich quälte die Unruhe bis zur Dämmerung. 5 Mein Fleisch ist um und um eine Beute des Gewürms und faulig, meine Haut ist verschrumpft und voller Eiter. 6 Meine Tage sind schneller dahingeflogen als ein Weberschiffchen und sind vergangen ohne Hoffnung. 7 Bedenke, dass mein Leben ein Hauch ist und meine Augen nicht wieder Gutes sehen werden. 8 Und kein lebendiges Auge wird mich mehr schauen; sehen deine Augen nach mir, so bin ich nicht mehr. 9 Eine Wolke vergeht und fährt dahin: so kommt nicht wieder herauf, wer zu den Toten hinunterfährt; 10 er kommt nicht zurück, und seine Stätte kennt ihn nicht mehr. 11 Darum will auch ich meinem Munde nicht wehren. Ich will reden in der Angst meines Herzens und will klagen in der Betrübnis meiner Seele. 12 Bin ich denn das Meer oder der Drache, dass du eine Wache gegen mich aufstellst? 13 Wenn ich dachte, mein Bett soll mich trösten, mein Lager soll mir meinen Jammer erleichtern, 14 so erschrecktest du mich mit Träumen und machtest mir Grauen durch Gesichte, 15 dass ich mir wünschte, erwürgt zu sein, und den Tod lieber hätte als meine Schmerzen. 16 Ich vergehe! Ich leb’ ja nicht ewig. Lass ab von mir, denn meine Tage sind nur noch ein Hauch. 17 Was ist der Mensch, dass du ihn groß achtest und dich um ihn bekümmerst? 18 Jeden Morgen suchst du ihn heim und prüfst ihn alle Stunden. 19 Warum blickst du nicht einmal von mir weg und lässt mir keinen Atemzug Ruhe? 20 Hab ich gesündigt, was tue ich dir damit an, du Menschenhüter? Warum machst du mich zum Ziel deiner Anläufe, dass ich mir selbst eine Last bin? 21 Und warum vergibst du mir meine Sünde nicht oder lässt meine Schuld hingehen? Denn nun werde ich mich in die Erde legen, und wenn du mich suchst, werde ich nicht mehr da sein.

Hiob 4 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Da hob Elifas von Teman an und sprach: 2 Du hast’s vielleicht nicht gern, wenn man versucht, mit dir zu reden; aber Worte zurückhalten, wer kann’s? 3 Siehe, du hast viele unterwiesen und matte Hände gestärkt; 4 deine Rede hat die Strauchelnden aufgerichtet, und die bebenden Knie hast du gekräftigt. 5 Nun es aber an dich kommt, wirst du weich, und nun es dich trifft, erschrickst du! 6 Ist nicht deine Gottesfurcht dein Trost, und die Unsträflichkeit deiner Wege deine Hoffnung? 7 Bedenke doch: Wo ist ein Unschuldiger umgekommen? Oder wo wurden die Gerechten je vertilgt? 8 Wohl aber habe ich gesehen: Die da Frevel pflügten und Unheil säten, ernteten es auch ein. 9 Durch den Odem Gottes sind sie umgekommen und vom Schnauben seines Zorns vertilgt. 10 Das Brüllen der Löwen und die Stimme der Leuen und die Zähne der jungen Löwen sind dahin. 11 Der Löwe kommt um, wenn er keine Beute hat, und die Jungen der Löwin werden zerstreut. 12 Zu mir ist heimlich ein Wort gekommen, und von ihm hat mein Ohr ein Flüstern empfangen 13 beim Nachsinnen über Gesichte in der Nacht, wenn tiefer Schlaf auf die Leute fällt; 14 da kam mich Furcht und Zittern an, und alle meine Gebeine erschraken. 15 Und ein Hauch fuhr an mir vorüber; es standen mir die Haare zu Berge an meinem Leibe. 16 Da stand ein Gebilde vor meinen Augen, doch ich erkannte seine Gestalt nicht; es war eine Stille und ich hörte eine Stimme: 17 Wie kann ein Mensch gerecht sein vor Gott oder ein Mann rein sein vor dem, der ihn gemacht hat? 18 Siehe, seinen Dienern traut er nicht, und seinen Boten wirft er Torheit vor: 19 wie viel mehr denen, die in Lehmhäusern wohnen und auf Staub gegründet sind und wie Motten zerdrückt werden! 20 Es währt vom Morgen bis zum Abend, so werden sie zerschlagen, und ehe man’s gewahr wird, sind sie ganz dahin. 21 Ihr Zelt wird abgebrochen, und sie sterben unversehens.

Hiob 5 (Die Luther-Bibel 1984, 1999) 1 Rufe doch, ob einer dir antwortet! Und an welchen von den Heiligen willst du dich wenden? 2 Denn einen Toren tötet der Unmut, und den Unverständigen bringt der Eifer um. 3 Ich sah einen Toren Wurzel schlagen, doch plötzlich schwand er von seiner Stätte dahin. 4 Seinen Kindern bleibt Hilfe fern, und sie werden zerschlagen im Tor; denn kein Erretter ist da. 5 Seine Ernte verzehrt der Hungrige, und auch aus den Hecken holt er sie, und nach seinem Gut lechzen die Durstigen. 6 Denn Frevel geht nicht aus der Erde hervor, und Unheil wächst nicht aus dem Acker; 7 sondern der Mensch erzeugt sich selbst das Unheil, wie Funken hoch emporfliegen. 8 Ich aber würde mich zu Gott wenden und meine Sache vor ihn bringen, 9 der große Dinge tut, die nicht zu erforschen sind, und Wunder, die nicht zu zählen sind, 10 der den Regen aufs Land gibt und Wasser kommen lässt auf die Gefilde, 11 der die Niedrigen erhöht und den Betrübten emporhilft. 12 Er macht zunichte die Pläne der Klugen, sodass ihre Hand sie nicht ausführen kann. 13 Er fängt die Weisen in ihrer Klugheit und stürzt den Rat der Verkehrten, 14 dass sie am Tage in Finsternis laufen und tappen am Mittag wie in der Nacht. 15 Er hilft dem Armen vom Schwert und den Elenden von der Hand des Mächtigen. 16 Dem Armen wird Hoffnung zuteil, und die Bosheit muss ihren Mund zuhalten. 17 Siehe, selig ist der Mensch, den Gott zurechtweist; darum widersetze dich der Zucht des Allmächtigen nicht. 18 Denn er verletzt und verbindet; er zerschlägt und seine Hand heilt. 19 In sechs Trübsalen wird er dich erretten, und in sieben wird dich kein Übel anrühren. 20 In der Hungersnot wird er dich vom Tod erlösen und im Kriege von des Schwertes Gewalt. 21 Er wird dich verbergen vor der Geißel der Zunge, dass du dich nicht fürchten musst, wenn Verderben kommt. 22 Über Verderben und Hunger wirst du lachen und dich vor den wilden Tieren im Lande nicht fürchten. 23 Denn dein Bund wird sein mit den Steinen auf dem Felde, und die wilden Tiere werden Frieden mit dir halten, 24 und du wirst erfahren, dass deine Hütte Frieden hat, und wirst deine Stätte überschauen und nichts vermissen, 25 und du wirst erfahren, dass deine Kinder sich mehren und deine Nachkommen wie das Gras auf Erden sind, 26 und du wirst im Alter zu Grabe kommen, wie Garben eingebracht werden zur rechten Zeit. 27 Siehe, das haben wir erforscht, so ist es; darauf höre und merke du dir’s.